Zugefrorener Rotary-Weiher (Fotos: Jakob Forster)

Grasfrösche sind Frühaufsteher. Sie beenden von den Amphibien als erste den Winterschlaf. Wie viele verwandte Arten verbringen sie die kalte Jahreszeit nicht im weichen Grund stehender Gewässer, sondern in tiefen Erdlöchern, oft weit entfernt von Weihern, Tümpeln und Wassergräben.

Waldboden

Solange die obersten Bodenschichten zugefroren bleiben, hält ihr Schlaf an. Beginnt aber in den Teichen das Eis zu schmelzen und auf den schattigen Waldböden der Schnee zu verschwinden, dann ist es Zeit, mit unseren Beobachtungen zu beginnen. Meistens fällt das auf Ende Februar. Da und dort blüht bereits ein Haselstrauch und ab und zu ein Seidelbast.

Frühlingswanderung

Von einem mit Kraft hereinbrechenden Frühling ist aber noch kaum etwas zu spüren. Und dennoch erwachen jetzt die Grasfrösche. Eine gleich gerichtete, innere Uhr und die über die Nullgradgrenze steigende Temperatur bewirken, dass sie miteinander aufstehen, um dann nach Nachteinbruch zu Hunderten die Wanderung nach ihrem Weiher anzutreten. Sie hüpfen nicht quer durcheinander, sondern halten alle dieselbe Richtung ein. Auch wenn wir ein Tier aufheben, zurücktragen und umgekehrt absetzen, dreht es sich wieder um und hüpft dann unbeirrt in der gleichen Richtung wie vorher.

Grasfrosch-Weibchen: Wanderung durch Schneereste

Die Grasfrösche sind Individualisten, leben also während der längeren Zeit allein, irgendwo in der weiteren Umgebung eines Weihers. Zur Sicherung der Nachkommenschaft müssen sich aber die Einzeltiere zur selben Zeit im gleichen Weiher treffen. Warum sie den Weg zu ihrem Kleingewässer finden, können wir heute noch nicht mit Sicherheit sagen. Wahrscheinlich ist es für die meisten Tiere der Geburtsort, und während der ersten Abwanderung haben sie sich die einzelnen Wegabschnitte sehr genau gemerkt, wobei typische Horizontlinien sicher eine Bedeutung haben.

Paarungsverhalten

Während der Anwanderung suchen die Männchen ihre Weibchen. Der Sehsinn spielt dabei keine oder höchstens eine sehr untergeordnete Rolle. Vielmehr sind es die Geräusche der hüpfenden Tiere, die sie auf die richtige Fährte bringen. Trifft das Grasfroschmännchen dabei auf ein Weibchen, ist alles in Ordnung. Die Vorstellung vom Partner ist bei beiden Geschlechtern recht einfach: Das Männchen ist zufrieden, wenn es etwas Weiches, eher Dickes und vorne leicht Eingeschnürtes umklammern kann, das sich dabei nicht wehrt. Das Weibchen ist von aller Sehnsucht befreit, wenn es hinter den Vorderbeinen eine feste Umklammerung spürt. Diese ist derart stark, dass wir sie nur mit Mühe lösen können. Zudem sind die Daumen des Männchens während der Paarungszeit mit grossen, rauhen Schwielen versehen, die ein Abrutschen der Vorderbeine verunmöglichen.

Grasfroschpaar bei seiner Wanderung durch Schneereste

Die Männchen treffen aber beim Anspringen eines Hüpfgeräusche erzeugenden Tieres nur selten auf ein Weibchen. In vielen Fällen sind es mitwandernde Männchen. Diese wehren sich sofort gegen die Umklammerung mit typischen Abwehrlauten und mit Wegstossbewegungen der Hinterbeine. Die geprellten Liebhaber verstehen diese Sprache und steigen augenblicklich ab. Im Wasser treffen sich alle Tiere am meist nur wenige Quadratmeter umfassenden Laichplatz. Die noch ledigen Männchen warten in den Untiefen der Uferzone scharenweise auf noch unverpaarte Weibchen oder drangsalieren dort Pärchen oder andere Freier.

Laichablage

Die Laichablage erfolgt an ruhigeren, seichten Stellen, wobei das Weibchen die Hinterbeine mehr oder weniger ausstreckt und das Männchen mit den seinen eine Art Körbchen bildet. Über die klumpenartig ausgestossenen Eier giesst das Männchen eine deutlich sichtbare, milchige Spermienmasse. Wenige Minuten später trennen sich die Partner; das Weibchen verlässt meistens anschliessend das Wasser, während das Männchen oft noch einige Tage im Tümpel verharrt. Beide treten dann die Rückwanderung in ihre verschiedenen Sommerquartiere an.

Schutzmassnahmen

Die Massenwanderung wird für manche Grasfroschgruppen zum Verhängnis. In vielen Fällen führt ihr Weg über eine stark befahrene Autostrasse. Weil sie grösstenteils in der Nacht wandern und für die Überquerung einer Strasse meist mehr als eine Minute brauchen, werden sie von den schnell daher-brausenden Autos überfahren. Das Scheinwerferlicht bewirkt zudem, dass sie wie gebannt stillstehen oder sich gar ducken, was ihr Schicksal besiegelt.

Der Anblick platt gewalzter Frösche ist grauenhaft, und wir müssen alles daran setzen, diesem Massaker ein Ende zu setzen. Wir haben Möglichkeiten dazu. In vielen Regionen hat man die Amphibienwanderwege, die über regelmässig befahrene Strassen führen, auf Karten festgehalten. Dabei berücksichtigte man neben den Grasfröschen auch die Erdkröten und Molche, die ein ähnliches Verhalten zeigen, aber später aus dem Winterschlaf erwachen und wandern. Wir wissen durch unsere Beobachtungen, wann etwa die Wanderungen beginnen, kontrollieren in der fraglichen Zeit die kritischen Gebiete und versuchen dann in Zusammenarbeit mit der Polizei geeignete Massnahmen zu treffen. Vielleicht lässt sich im einen Fall ein bestimmtes Strassenstück einige Nächte lang je für wenige Stunden sperren. In einem andern Fall lassen sich auf der einen Strassenseite wenige Dezimeter hohe Plastikbänder anbringen, die ein Überspringen oder Unterkriechen verhindern. Freiwillige Helfer lesen die sich dahinter ansammelnden Tiere auf und tragen sie in Kesseln auf die gegenüberliegende Strassenseite. Kostspieliger sind Gräben, die man längs der nötigen, allerdings nur wenige Hundert Meter langen Strassenstücke aushebt, um die Tiere zu fangen. Alle diese Massnahmen wurden schon an verschiedenen Stellen erprobt und führten zu Erfolgen. Hoffen wir, dass auch die Automobilisten noch vermehrt auf die eigens für Kröten und Frösche geschaffenen Verkehrstafeln mit dem Hinweis achten:

Wanderung zum Laichgewässer

  1. Die Grasfrösche erwachen vielfach schon Ende Februar, sicher aber anfangs März aus ihrem Winterschlaf und wandern zu Dutzenden oder gar zu Hunderten zu ihrem Laichgewässer.
  2. Die Männchen sind in einer fünffachen Überzahl. Ein Teil von ihnen  findet eines der heissbegehrten Weibchen, packt es und lässt sich huckepack zum Teich oder Weiher tragen.
  3. Das Männchen umklammert das Weibchen mit seinen Vorderbeinen und drückt die Daumen mit den grossen, rauhen Schwielen gegen den Bauch der Partnerin. Der Haltegriff des Männchens ist krampfartig starr.
  4. Die rauhen Daumenschwielen verhindern ein Hinunterrutschen.
    Die Wanderung zum Laichgewässer ist oft lebensgefährlich

Gefahren

Vielfach führen die Anmarschwege zum Laichgewässer über stark befahrene Autostrassen. Die Amphibien wandern grösstenteils in der Nacht und benötigen für die Überquerung einer Strasse oft mehrere Minuten, sind also dem Verkehr sehr lange ausgesetzt. Zudem erschrecken sie ob dem grellen Scheinwerferlicht, ducken sich und werden darum noch weit eher überfahren.

Schutzmassnahmen

  • Markierung der Wanderstrassen mit speziellen Signaltafeln
  • Sperrung wenig wichtiger Strassen für den Autoverkehr während der Hauptwandernächte
  • Abfangen der Tiere mit Plastikzäunen und eingegrabenen Kesseln, Aussetzen der eingefangenen Tiere auf der anderen Strassenseite
  • Schaffung von geeigneten Ersatz-Laichgewässern im Bereiche der Wanderstrassen von Kröten, Fröschen und Molchen

Weitere Informationen

  • Der Grasfrosch auf der Frühjahrswanderung | Wenn im frühen Frühjahr die Lufttemperatur tagsüber über 8˚C steigt, fällt der Startschuss für die Frühjahrswanderung des Grasfrosches. Er macht sich jeweils nach dem Winterschlaf als erster Froschlurch in der Schweiz auf den Weg zum Laichgewässer. Dorthin, wo er einst selber erstmals an Land ging.
  • Amphibienarten der Schweiz | Zusammenstellung und Beschreibung der Amphibienarten der Schweiz durch die Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch).
  • Froschnetz | Zahlreiche Informationen über Biologie, Lebensräume und Gefährdung von Fröschen, Kröten, Molchen und andere Amphibien der Schweiz. Ein Arten-Katalog mit ausführlichen Beschreibungen ergänzt das umfassende Angebot.
  • Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz | Die Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch) ist Auskunfts- und Dokumentationsstelle für nationale, kantonale und kommunale Ämter, für Naturschutzorganisationen und für Privatpersonen.
  • Rote Liste der gefährdeten Arten der Schweiz: Amphibien | Von den 20 Amphibienarten der Schweiz stehen 14 auf der Roten Liste, und eine Art, der Wasserfrosch, ist potenziell gefährdet.

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