Der 21. März ist traditionell der Internationale Tag des Waldes. In der Schweiz steht dieser Tag aktuell unter dem Thema «300 Jahre Nachhaltigkeit». Vor genau 300 Jahren, also im Jahr 1713, formulierte der Sachse Hans Carl von Carlowitz den Grundsatz, dass immer nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie durch planmässige Aufforstung nachwachsen kann. Das war die Geburtsstunde des Prinzips der Nachhaltigkeit.
Holz als vielseitiger Rohstoff
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren die Wälder in ganz Europa weitgehend übernutzt und ausgeplündert. Holz war über Jahrhunderte der Bau- und Brennstoff schlechthin und der wohl wichtigste Rohstoff überhaupt. Eine systematische Bewirtschaftung der Wälder indes, wie sie in der Landwirtschaft bereits bekannt war, fehlte gänzlich. Überhaupt war der Gedanke an die natürlichen Ressourcen für nachfolgende Generationen weitgehend fremd.
Hans Carl von Carlowitz
Der Adlige Hannss Carl von Carlowitz indes machte sich Sorgen um die Zukunft seines Landes. In seinem 1713 erschienen Werk «Sylvicultura Oeconomica – Hausswirthliche Nachricht und Naturmässige Anweisung zur Wilden Baum-Zucht» empfahl von Carlowitz, von Beruf Oberberghauptmann, eine «continuirliche beständige und nachhaltende Nutzung» der Wälder. Diese «nachhaltende» Nutzung war seiner Meinung nach unentbehrlich. Er empfahl eine Waldbewirtschaftung mit systematischen Aufforstungen und nachhaltigen Nutzungen: Es soll nur soviel Holz geschlagen werden, wie in der gleichen Zeit durch planmässige Aufforstung, durch Säen und Pflanzen nachwachsen konnte. Er schlug also sinngemäss vor, nur von den Zinsen zu leben und nicht vom Kapital. Damit hat von Carlowitz den Grundstein gelegt für eine moderne, nachhaltige Forstwirtschaft. Er formulierte als Erster das bis heute wegweisende Prinzip der Nachhaltigkeit und gilt als dessen Begründer.
Nachhaltigkeit als Universalprinzip
Hans Carl von Carlowitz bezog das Prinzip der Nachhaltigkeit auf eine rein ökonomische Betrachtung des Waldes als Rohstofflieferant. Heute wird der Begriff Nachhaltigkeit auch in der Waldwirtschaft in einem umfassenderen Sinne verstanden, denn der Wald ist längst nicht mehr nur Holzlieferant. Er ist hierzulande auch Lebensraum für fast jede zweite Tier- und Pflanzenart, er schützt den Menschen, seine Häuser und seine Verkehrswege, er speichert Kohlenstoff und filtert das Wasser. Schliesslich suchen und finden viele Menschen im Wald und Erholung. Alle diese Funktionen soll der Wald dauerhaft und uneingeschränkt erfüllen können. So wird heute das Prinzip Nachhaltigkeit in der Waldwirtschaft verstanden.
Spätestens seit dem Weltgipfel in Rio de Janeiro 1992 gilt der Grundsatz der Nachhaltigkeit als Universalprinzip gesellschaftlicher Entwicklung.
Nachhaltigkeit im Schweizer Wald
Bereits im Bundesgesetz über die Forstpolizei von 1876 und 1902 stand die Sicherung einer nachhaltigen Nutzung des Waldes im Zentrum.
Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist heute in der Schweizer Forstwirtschaft auf Stufe Bund, Kanton und Gemeinden fest verankert. So findet die Nachhaltigkeit bei der Bewirtschaftung der Wälder in der Schweiz bereits in der Bundesverfassung ihren Niederschlag. Auch im eidgenössischen Waldgesetz ist das Prinzip der Nachhaltigkeit die Leitschnur: Der Wald muss so bewirtschaftet werden, dass er seine Funktionen dauernd und uneingeschränkt erfüllen kann (Nachhaltigkeit).
Nachhaltigkeit im Winterthurer Wald
Der Waldentwicklungsplan des Kantons Zürich stellt gemäss kantonalem Waldgesetz für das gesamte Waldgebiet im Kanton sicher, dass der Wald seine Funktionen nachhaltig erfüllen kann. Dieser Waldentwicklungsplan ist auch die verbindliche Grundlage für die Betriebspläne der Stadt Winterthur. Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist heute das Fundament dieser Betriebspläne. Formal findet sich der Begriff nachhaltig oder Nachhaltigkeit an vielen Stellen in diesen Betriebsplänen, aber auch materiell ist das Nachhaltigkeitsprinzip eine conditio sine qua non, also unabdingbar. So steht in einem dieser Betriebspläne beispielsweise: «Das starke Bevölkerungswachstum der Stadt Winterthur und die damit einhergehende Zunahme des Erholungsdrucks auf den Wald erfordern Lenkungsmassnahmen, um die Nachhaltigkeit aller Waldleistungen sicherzustellen.»