Familienfoto 1850: Andreas Weinmann (vorne rechts, geb. 1792) mit Frau Margarete und Pflegetochter Emma Sulzberger, Tochter Elisabetha Sulzberger-Weinmann (hinten), Schwiegersohn Heinrich Sulzberger (© Stadtbibliothek Winterthur)

In Winterthur gibt es seit 1813 ein Stadtforstamt. Neun Männer waren seither im Amt des Winterthurer Stadtforstmeisters, der zehnte, Beat Kunz, ist seit Anfang August 1997 amtierender Stadtforstmeister.

Andreas Weinmann (1813–1861)

Zum ersten Stadtforstmeister von Winterthur wurde 1813 Andreas Weinmann gewählt. Der damals 20-jährige hatte bereits einige Vermessungen durchgeführt. Von 1818 bis 1830 wohnte Weinmann im Bruderhaus. In seiner Amtszeit entstand der erste Wirtschaftsplan für den Wald auf dem Eschenberg. Grössere Waldrodungen fanden in der vor allem durch Grosskahlschläge geprägten Amtszeit Weinmanns nicht statt. Hingegen wurden kleinere Parzellen verkauft oder für den Bau der Nordostbahn abgetreten. Weinmann hatte grosse Verdienste um die Verbesserung der forstlichen Verhältnisse im Eschenbergwald. Er trat Anfang 1861 zurück und starb bereits ein halbes Jahr später.

Kaspar Weinmann (1861–1888)

In die Fussstapfen von Andreas Weinmann trat sein Sohn Kaspar. Er kam 1827 im Bruderhaus zur Welt. Kaspar Weinmann studierte Forstwirtschaft, zuerst in Hohenheim bei Stuttgart, dann in Tharandt bei Dresden. Seine gesamte Ausbildung absolvierte er in Deutschland; daher seine Vorliebe für den Kahlschlag. Eine andere Ausbildungsmöglichkeit gab es damals für angehende Schweizer Forstingenieure nicht, denn die ETH Zürich, wo die Forstexperten heute ausgebildet werden, gab es noch nicht. Nach seiner Ausbildung übernahm der 19-jährige Kaspar Weinmann die Stelle des Stadtforstadjunkten. Er war damit Gehilfe und Stellvertreter seines Vaters. In dieser Ära Weinmann wurden viele Pflanzgärten angelegt, zahlreiche Waldstrassen gebaut, die Töss im Leisental eingedämmt und grosse Gebiete um den Eschenberghof aufgeforstet. Zwei Jahre nach seinem Amtsantritt hatte Kaspar Weinmann mit seinen Studienkollegen Elias Landolt und Wilhelm Friedrich Hertenstein den wegweisenden Plan über die Bewirtschaftung der Stadtwälder erarbeitet – mitunter ein Ausdruck für die moderne, auf die Ergebnisse der Wissenschaft abgestützte Waldwirtschaft. Landolt war der erste Professor für Forstwirtschaft am neugegründeten Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich, gleichzeitig Oberforstmeister des Kantons Zürich und Inhaber einer gleichnamigen Weinhandlung in der Stadt Zürich. Hertenstein wurde später zum Bundesrat gewählt. Erfolglos kämpfte Kaspar Weinmann in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts gegen die Rodung des Waldgebietes Vogelsang. Immerhin wehrte er sich aber erfolgreich gegen den Verkauf des Kümbergwaldes. Weinmann starb 1888.

Theodor Felber (1888–1894)

Der dritte Stadtforstmeister, Theodor Felber, hatte eine kurze Amtszeit. Auch er war ein Vertreter der Kahlschlagwirtschaft. Allerdings lehnte Felber die einseitige, schablonenhafte Anwendung sächsischer und preussischer Bewirtschaftungsmethoden ab. Vor seiner Wahl nach Winterthur hatte Felber reichlich Praxiserfahrung gesammelt: Er war Geometer bei der Katastervermessung des Kantons Solothurn, Oberförster des Kreises Willisau/Entlebuch, Oberförster der Oberallmendkorporation Schwyz und Kantonsoberförster beider Appenzell. Im öffentlichen Leben spielte Felber eine bedeutende Rolle: Er bekleidete zahlreiche Ämter und war landesweit als Experte in Gesetzesfragen sowie in forstpolitischen, forstästhetischen und volkswirtschaftlichen Angelegenheiten geschätzt. Ihm wurde unter anderem eine kraftvolle Persönlichkeit, eine glänzende Rednergabe, Patriotismus und Begeisterung für alles Schöne und Edle attestiert. Bekannt wurde Felber auch als Forstästhet. So hatte er zum Beispiel in Winterthur Spazierwege um die Walcheweiher angelegt und sie liebevoll mit Zäunen aus krummem Birkenholz geschmückt. Schon sechs Jahre nach seinem Amtsantritt wurde Felber 1894 zum Professor für Forsteinrichtung ans Eidgenössische Polytechnikum gewählt.

Max Siber (1894–1899)

Felbers Nachfolger, Max Siber, war vor seiner Wahl zum neuen Stadtforstmeister viel gereist und weltweit tätig gewesen. So war er zum Beispiel Plantagenleiter in Sumatra. Kein Wunder also, dass Siber ausserordentlich Gefallen an exotischen Baumarten fand. Die Mammutbäume bei den Walcheweihern oder im Meiengstell (Eschenbergwald) beispielsweise stammen alle aus Sibers Amtszeit. Er starb 1899 nach nur fünf Amtsjahen.

Friedrich Arnold (1899–1928)

Auf Siber folgte der wohl berühmteste Stadtforstmeister: Friedrich Arnold. Er hat sich weltweit einen Namen gemacht als erster Waldbauer, der konsequent mit Naturverjüngung und Femelschlag gearbeitet hatte – und vor allem: der damit auch Erfolg hatte. Er war es also, der in Winterthur den Kahlschlag von einem Tag auf den anderen durch den Femelschlag ersetzte. Das brauchte damals eine gehörige Portion Mut und Überzeugungskraft. Arnold brachte nicht nur die alten Stadtwaldreviere, sondern auch die angeschlagenen ehemaligen Gemeindewälder, die nach der Stadtvereinigung unter seine Fittiche kamen, innert Kürze auf Vordermann. Rückblickend hatte Arnolds Femelschlagtechnik allerdings einen Makel: Er bevorzugte zu stark die Weisstanne. Trotzdem: Unter Arnold sind die Winterthurer Stadtwälder im In- und Ausland zu einem der angesehensten Lehr- und Versuchsgebiete geworden, das Jahr für Jahr von Wissenschaftern und Praktikern aus aller Welt besucht wurde. Nach seinem Tod 1928 erschien in der Schweizerischen Zeitschrift für Forstwesen ein Nachruf auf Arnold. Darin heisst es unter anderem: Unter aller Wahrung der ökonomischen Anforderungen war Arnold doch stets darauf bedacht, bei seinen wirtschaftlichen Massregeln auch die natürliche Waldschönheit zu fördern, und es ist ihm denn auch gelungen, die Winterthurer Waldungen in verhältnismässig kurzer Zeit und scheinbar mühelos zu einem grossen Park umzuwandeln.

Paul Lang (1928–1960)

Unter dem neuen Stadtforstmeister Paul Lang fiel Arnolds Weisstannen-Naturverjüngung zum Teil der Trieblaus zum Opfer. Schliesslich passte Lang den Femelschlag an die Bedürfnisse derjenigen Baumarten an, die im Jugendstadium auf Licht angewiesen sind. Lang erlebte als Forstmeister die Krisenjahre mit den Sorgen des Holzabsatzes und die Kriegszeit mit den befohlenen Übernutzungen. In seiner Amtszeit erfolgte der Wechsel von der Handarbeit zur Mechanisierung der Holzernte.

Kurt Madliger (1960–1974)

Nachfolger von Paul Lang wurde Kurt Madliger, der schon seit 1944 als Adjunkt in der Forstverwaltung tätig war. 1960 wurde er zum Winterthurer Stadtforstmeister gewählt. Seine Amtszeit war gezeichnet vom Rutsch des Forstbetriebs in die roten Zahlen und von der etwas einseitigen Förderung der Rottanne. Wie kaum ein anderer Stadtforstmeister vor ihm verstand es Madliger, die Erkenntnisse der Forstwirtschaft und die Bedeutung der Winterthurer Wälder an ein breites Publikum heranzutragen. 1974 wurde Kurt Madliger zum Konservator der Naturwissenschaftlichen Sammlungen gewählt.

Diethelm Steiner (1974–1987)

Madligers Nachfolger, Diethelm Steiner, gehört zusammen mit dem heute amtierenden Hermann Siegerist zu den beiden einzigen noch lebenden Winterthurer Stadtforstmeistern. Unter Steiner wurde aus dem Forstamt der Stadt Winterthur 1987 der Städtische Forstbetrieb. Die Amtszeit Steiners war von drei Phänomenen geprägt: von der zunehmenden Bedeutung der Wohlfahrtsfunktionen des Waldes, vom stärkeren Einbezug des Naturschutzes in die Waldwirtschaft und vom Waldsterben.

Hermann Siegerist (1988–1997)

Mit allen drei Zeiterscheinungen hatte sich auch sein Nachfolger, Hermann Siegerist, auseinanderzusetzen. Schon in den siebziger Jahren, vor allem aber in den Achtzigern wurden immer häufiger Stimmen laut, die einen stärkeren Einbezug des Naturschutzgedankens in die Forstwirtschaft forderten. Immer länger werdende Listen von aussterbenden Tier- und Pflanzenarten haben die Seele von Naturfreunden empfindlich getroffen. Kein Wunder also, dass der Naturschutz in der Amtszeit Siegerists einen grossen Stellenwert hatte: Bereits in den siebziger Jahren setzte er sich, damals noch als Adjunkt, für den Schutz von Amphibien und Wasserinsekten ein. Er förderte massgeblich die Realisierung zahlreicher Nassstandorte in den Winterthurer Wäldern. Erst kürzlich wieder, 1995 und 1996, wurden unter Siegerist im unteren Hangentobel im Eschenbergwald zwei neue Amphibienweiher angelegt. Ein weiterer Schwerpunkt von Siegerists Tätigkeit waren die Massnahmen zur Förderung standortgerechter Baumarten und der konsequenten Naturverjüngung.

Beat Kunz (seit 1997)

Stadtforstmeister Beat Kunz (l.) und Stadtrat Matthias Gfeller

Der Winterthurer Stadtrat (Exekutive) hat am 2. Mai 1997 bekannt gegeben, dass er den damals 34-jährigen Forstingenieur Beat Kunz zum neuen Stadtforstmeister gewählt hat. Kunz trat im August 1997 die Nachfolge von Hermann Siegerist an, der auf diesen Zeitpunkt pensioniert wurde. Beat Kunz war zum Zeitpunkt seiner Wahl je zu 50 Prozent als Oberförster der Forstverwaltung Buchs-Rohr-Suhr sowie als Projektleiter in einem privaten Ingenieur- und Planungsbüro tätig. (Quelle: Stadt Winterthur)

Ernst Krebs

An dieser Stelle darf einer nicht vergessen werden, der zwar nie Winterthurer Stadtforstmeister war, sich aber dennoch weit über die Stadtgrenzen hinaus einen Namen gemacht hat als hervorragender Kenner der hiesigen Wälder und als unermüdlicher Kämpfer für den Erhalt einer intakten Umwelt: Ernst Krebs (1903 bis 1996). Der Forstingenieur aus Töss war zwischen 1936 und 1939 als Stadtforstadjunkt auch im Dienste des damaligen Winterthurer Forstamtes tätig. Anschliessend wurde er zum Kreisforstmeister in Bülach und Winterthur gewählt, und ab 1960 bis zu seiner Pensionierung 1968 war Krebs Oberforstmeister des Kantons Zürich. Als begnadeter Autor und als geistreicher Redner kämpfte Ernst Krebs auch nach seiner Pensionierung noch bis ins hohe Alter hartnäckig für den Schutz der Natur.

In Klammern ist die jeweilige Amtszeit angegeben


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